Aktuell überschlagen sich die täglichen Transfermeldungen, und der Markt nimmt richtig Fahrt auf. Jeder möchte natürlich irgendetwas vermelden und den Eindruck erwecken, man habe irgendwelche exklusiven Insides. Größtes Thema ist natürlich der bevorstehende Mega-Wechsel von Florian Wirtz. Und ich dachte, ich gebe auch mal meinen Senf dazu.

Ich bin ehrlich: Ich sehe Wirtz überhaupt nicht bei Bayern – nicht unter den gegebenen Umständen. Zugegeben, die Kombination Musiala × Wirtz sieht auf dem Papier schon sehr sexy aus. Ich denke aber, dass beide sich in ihrer Entfaltung und Entwicklung eher einschränken und vielleicht sogar ausbremsen würden. Beide haben ganz klar ihre absoluten Stärken direkt im Zentrum, auf der Zehn, wenn sie ihrer Kreativität freien Lauf lassen können und nicht auf dem Platz eingeschränkt sind. Natürlich können beide auch mal auf die Außenpositionen ausweichen und von dort wirbeln. Allerdings würde das Flügelspiel des FC Bayern darunter leiden, und man würde sich automatisch wieder einschränken und in puncto Chancenerarbeitung berechenbarer werden. Zu groß ist bei beiden der Drang, nach innen zu ziehen und aus zentraler Position den entscheidenden Pass zu spielen oder ins Dribbling zu gehen und mehrere Gegner auf sich zu ziehen. Gewiss geht das auch über außen, und man kann sich anpassen – aber erstens sind sie keine klassischen Sprinter, und zweitens haben die beiden eine Gabe, die einfach verschenkt wäre, würde man sie nicht optimal nutzen.

Und auch wenn die beiden sich bestens verstehen und kommuniziert haben, dass sie gerne zusammen spielen würden, sind das Gedanken, die sich beide machen werden. Es ist etwas anderes, ob man der einzige feste Dreh- und Angelpunkt im Spiel ist – und einem diese Rolle auch überlassen wird – oder ob man sich diese immer teilen muss. Diesen Anspruch haben nämlich beide, und da geht’s auch ein klein wenig ums eigene Ego. Diese Einstellung finde ich allerdings gut – und solch Ausnahmespielern muss man das auch zugestehen.

Ein weiterer Punkt ist einfach die Entwicklung des FC Bayern München. Auch da muss man ehrlich sein: Es ist leider nicht mehr so, dass es das Nonplusultra ist, zum FCB zu wechseln – erst recht nicht, wenn man von einem direkten Konkurrenten aus der Bundesliga kommt. Sicherlich steht Bayern nach wie vor mit großem Abstand über den anderen, aber Fußball und Vermarktung sind längst zu international geworden, als dass man weniger im Fokus steht, nur weil man im Ausland seine Schuhe schnürrt. Und international hat der Verein in den letzten Jahren etwas an Standing eingebüßt. Ich finde, es ist nicht mehr so selbstverständlich, dass man Jahr für Jahr die Garantie hat, beim Kampf um den Henkelpott entscheidend mitreden zu können. Da sehe ich andere Vereine international einfach besser aufgestellt.

Falls es wirklich dazu kommen sollte, dass Wirtz sich gegen Bayern entscheidet und anderweitig wechselt, wäre das auf jeden Fall ein herber Schlag für den Verein. Man möchte immer die besten deutschen Nationalspieler in der eigenen Mannschaft sehen und als Aushängeschild präsentieren. Diesen Anspruch finde ich auch nach wie vor gut – und ich kann jeden verstehen, der traurig wäre, wenn er einen Florian Wirtz nicht Woche für Woche in der Bundesliga zaubern sehen kann. Allerdings kann man mit den gefühlt 13 benötigten Sportabos seine Magie dann eben anderswo betrachten. Und einem Toni Kroos hat der Wechsel weg vom Bundesligaprimus auch nicht geschadet. Ich bin überzeugt davon, dass Florian Wirtz einen ähnlichen Weg einschlagen und sich in jeder Weltklassemannschaft durchsetzen und diese prägen kann.

Manchester City hat sich recht früh aus dem Poker verabschiedet. Den Thron von Kevin De Bruyne zu übernehmen, klingt nicht furchtbar schlecht – und spielerisch hätte ich ihn mir in Himmelblau mehr als gut vorstellen können. Der Favorit auf eine Verpflichtung ist also Liverpool, und man munkelt, dass Herr Wirtz bereits zugesagt hat – auch wenn man natürlich immer abwarten muss, bis der Spieler das selbst bestätigt.
Arne Slot bastelt also weiter an der Zukunft. Nachdem man mit Mohamed Salah und Virgil van Dijk verlängert hat, möchte man noch frisches Blut in den Kader holen. Und ganz ehrlich: Es wäre ein wirklich guter Fit. Die Mannschaft ist eingespielt, wird punktuell verstärkt und verjüngt, und auf absehbare Zeit werden die alteingesessenen Größen das Team verlassen – ein neues Gesicht wird geformt. Vielleicht ja mit Florian Wirtz in der Hauptrolle. Denn: Die Position und der Raum sind frei für Florian Wirtz.

Viele sagen, die englische Härte wird ihm nicht liegen und der Fußball sei nicht für Künstler wie ihn gemacht – das sehe ich komplett anders. Florian Wirtz ist nicht nur ein fußballerisches Genie, sondern auch ein extrem harter Arbeiter. Sein Laufpensum ist enorm, und er bietet immer wieder Unterstützung in der Defensive an. Er hat genauso viel Freude daran, Gegner und Ball zu jagen. Man muss ihn eher bremsen und ihm klarmachen, dass er sich hier und da auch mal ausruhen darf. Diese Kombination macht ihn unglaublich wertvoll – und mehr als passend für die Reds, die bekannt sind für ihr schnelles Umschaltspiel. Ich habe keinerlei Zweifel daran, dass Wirtz sofort eine Bereicherung sein wird.

Aber: Noch ist das alles Zukunftsmusik – auch wenn die Entscheidung wohl nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen wird.

Und wenn wir schon bei Wirtz, Leverkusen und Bayern sind, dann kommt man nicht drumherum, auch die Situation um Jonathan Tah zu erwähnen. Da bin ich ebenfalls ehrlich: Aus Bayerns Sicht verstehe ich die Transferbemühungen nicht – auch schon im vergangenen Jahr nicht. Man kennt Tah in- und auswendig: über zehn Jahre Bundesliga, und man hatte ihn vorher nie wirklich auf dem Zettel – und offenbar auch Zweifel, ob er das Spitzenniveau für den FC Bayern hat. Seine Entwicklung in den letzten zwei Jahren unter Xabi Alonso ist beeindruckend, aber eben auch ganz eng mit diesem verknüpft. Ich möchte gar nicht sagen, dass er mittlerweile nicht das Niveau hat – er wäre sicherlich eine sofortige Verstärkung für Kompanys Abwehrreihe. Jedoch fehlt mir da etwas der Weitblick für die Zukunft. Es wirkt eher ein wenig wie leicht verzweifelter Aktionismus auf Seiten der sportlichen Führung rund um Max Eberl. Ein talentierter, spielstarker Innenverteidiger, der sich bereits auf hohem Niveau bewiesen hat und noch Entwicklungspotenzial mitbringt, würde meiner Meinung nach viel mehr Sinn machen.

Egal wie es ausgeht: Für Jonathan Tah freut es mich dennoch, und diesen womöglich letzten Schritt auf der Karriereleiter hat er sich absolut verdient.

Lasst euch vom Regen nicht die Laune vermiesen – der Rasen freut sich.

Cheers!

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